Raumentwicklung

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Die Existenz eines Raumes, in dem Objekte und Lebewesen sich befinden und bewegen, wird von Menschen im Allgemeinen als selbstverständlich vorausgesetzt. Jede Person nimmt den Raum um sich herum wahr, bewegt sich durch diesen Raum und orientiert sich darin mit verschiedenen Hilfsmitteln. Unser Agieren im Raum ist dabei durch die räumliche Lage der verschiedenen Aktivitäten (z.B. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Sport), durch die Verbindungen zwischen diesen Aktivitäten (Infrastruktur, Verkehrsmittel) und der jeweiligen Nutzbarkeit dieser Verbindungen bestimmt (individuelle Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln, Nutzungsbarrieren; siehe Barrieren & Disparitäten). Raum, Verkehr und Mobilität sind dadurch eng miteinander verbunden.

Historische Grundlagen der Raumentwicklungsplanung

Palmanova, Italien

Bevor Raumentwicklung zum Gegenstand eines institutionalisierten planerischen Instruments unterschiedlicher staatlicher Ebenen wurde, wurde es kaum für erforderlich empfunden, steuernd in die räumliche Nutzungsentwicklung einzugreifen. Dennoch gab es bereits seit der Antike Vorstellungen von „idealen“ Raumstrukturen, die Städte nach sozialutopischen oder ästhetischen Grundsätzen gestalten wollten, meist in Form geometrischer Grundrisse (Schachbrettmuster, konzentrische Ringe oder Sternformen, z.B. Palmanova) mit klaren Funktionszuordnungen innerhalb des Raumes. In den meisten Fällen stellten die Entwürfe eine Umsetzung von Ideen zu wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder politischer Organisation dar, etwa barocke Residenzstädte mit städtebaulichen Achsen und Dominanten als Abbild der absolutistischen Regierungsform (z.B. Karlsruhe, Mannheim), oder sozialreformerische Gartenstädte erdacht von Ebenezer Howard, welche jedoch nur teilweise umgesetzt wurden. Einen umfassenden Einblick in die Evolution räumlicher Planungsideale erhält man durch die Chronologie der internationalen Planungsgeschichte seit dem frühen 18. Jhd. sowie der historischen Abfolge der einflussreichsten Planungstheoretiker.

Die Raumplanung befasst sich mit der Gestaltung des von Menschen in Anspruch genommenen und genutzten physischen Raumes sowie mit der Analyse und Begleitung raumbezogener Entwicklungen. Allerdings folgt die Raumentwicklung nicht nur einer gezielten Gestaltung der Raumstruktur, sondern auch politischen Interessen und gesellschaftlichen Trends.

Steigender Einfluss der Verkehrsentwicklung auf die Raumentwicklung

Futurama: "To New Horizons", Weltausstellung 1939

Die Charta von Athen

In einer Reihe von Stadtutopien der 1920er Jahre wurde die Großstadt der Zukunft durch „innovative Verkehrslösungen“ bestimmt: Dampfende Eisenbahnen fuhren ebenso durch Hochhäuser wie Autos auf dichtbefahrende Schnellstraßen und um die Häuser flogen kleinere Flugzeuge. Ein bekanntes städtebauliches Beispiel ist der Entwurf der „Ville Contemporaine“ von Le Corbusier aus dem Jahr 1922 oder die „Ville Radieuse“ aus dem Jahr 1930, der sich bereits stark an den Erfordernissen des ungestörten Automobilverkehrs und der starken Trennung der einzelnen Verkehrsströme orientiert, um höchstmögliche Geschwindigkeiten zu erzielen.

Spätestens der aufwändig gestaltete Pavillon von General Motors bei der Weltausstellung 1939 in New York verdeutlichte das neue moderne Ideal der autogerechten Stadt: "Here is an American city, replanned around a highly developed, modern traffic system."[1].

Im Jahr 1933 wurde die Charta von Athen auf dem 4. Kongress der Congrès Internationaux d’Architecture Moderne unter maßgeblicher Führung von Le Corbusier verabschiedet. Aus dem Entsetzen über die krankmachende Enge insbesondere der Arbeiterquartiere bestand der Hauptgedanke dieser Charta in der Funktionstrennung. Die vier Funktionen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Erholen sollten durch Grünzüge voneinander getrennt und über den „automobilen Verkehr“ verbunden werden, damit „Licht. Luft und Sonne“ die Wohnungen erreichen konnten. Dadurch verlängerten sich die Wege, auch wenn sie in Westeuropa bis in die Jahre des 2. Weltkrieges zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wurden.

Diese Neuerung erforderte ein leistungsfähigeres Verkehrsnetz, das sowohl für Autos, als auch für Fußgänger sicher sein sollte[2]. Erste Beispiele für die Umsetzung sind unter anderem: die Ville Radieuse, der Masterplan Algier, der Masterplan Brasiliá, der Wohnblock "De Klijburg". Die mit dieser Art von Entwurf verbundenen Nachteile sind u.a. das mit der Funktionstrennung verbundene höhere Verkehrsaufkommen, insbesondere seit den späten 1950er Jahre durch einen wachsenden Motorisierungsgrad, die nötige Steuerung des Verkehrsverhaltens durch Trennen der Verkehrswege und einen höheren Flächenverbrauch. Im deutschsprachigen Raum wurde die Idee der Charta von Athen durch den Vertreter des „Neuen Bauens“ Johannes Göderitz, dem Wiener Architekt Roland Rainer und dem deutsch-österreichischen Stadtplaner und Architekt Hubert Hoffmann mit der „Gegliederten und aufgelockerten Stadt“ aufgegriffen.

Die autogerechte Stadt

Mit dem zunehmenden Aufschwung des Automobils in der Nachkriegszeit und dem damit einhergehenden Wirtschaftsaufschwung und der Technologiebegeisterung entwickelte sich schließlich auch ein spezieller Fokus auf die Rolle des Automobilverkehrs in der idealen Stadtgestaltung. Der Architekt Hans Bernhard Reichow publizierte im Jahr 1959 seine Ideen zur „autogerechten Stadt“. Doch Reichow wurde gründlich missverstanden, denn er forderte keineswegs den forcierten Ausbau innerstädtischer Straßen. Er kritisierte ausdrücklich, die autogerechte Stadt vornehmlich mit Verkehrswegen in verschiedenen Ebenen zu planen, wie Le Corbusier es forderte. Anstelle der großen „chirurgischen Eingriffe“ von innerstädtischen Auto-Schnellstraßen interessierten ihn eher kleine Eingriffe. Dennoch wurde die „autogerechte Stadt“ zum Slogan des Wiederaufbaus der Städte, der Stadterweiterungen und bis weit in die 1990er Jahre der gesamten Stadtentwicklungsplanung. Diese führte letztlich auch dazu, dass die Siedlungsstrukturen immer weiter über die Grenzen der Städte hinaus ins Umland anwuchsen (Suburbanisierung), was die weitere Motorisierung forcierte und zu täglichen Pendler-Staus in die und in den Städten geführt hatte. Damit verfestigte sich die sog. „Automobilität“, welche weltweit die prosperierenden Gesellschaften prägte.

Ein weiterer Trend, der die Raumentwicklung stark beeinflusst, ist der wachsende Anteil an Einpersonen-Haushalten und der Trend zu mehr Wohnfläche pro Person, besonders beflügelt durch den „Wohntraum“ vom eigenen Haus im Grünen. Dies alles führt zu einem enormen Flächenverbrauch für Wohnraum und dessen Erschließung bis in entfernte Gebiete, mit entsprechenden Belastungen für die Umwelt. Diese Entwicklung führt wiederum zu einer zunehmenden Ungleichheit in der individuellen Mobilität der Menschen, da vor allem im ländlichen Raum die Nahversorgung und öffentliche Verkehrsangebote durch die abnehmende Siedlungsdichte unrentabel und ausgedünnt werden. Die dortige Wohnbevölkerung sieht meist keine Alternative mehr zum Auto und wird auf diese Weise vom Zugang zum motorisierten Individualverkehr abhängig. Fällt diese Option einmal aus (z.B. durch Verlust des Führerscheins bzw. der Fähigkeit ein Auto zu lenken, oder weil man sich ein Auto finanziell nicht mehr leisten kann), sind die Betroffenen in ihrer Mobilität extrem eingeschränkt und können nicht mehr oder nur sehr schwer am gesellschaftlichen Leben teilnehmen (vgl. dazu Barrieren & sowie die Ergebnisse des Projekts ÉGALITÉplus.

Die Herausforderung bestand nun darin, „Stadtlandschaften“ zu planen. „Dezentrale Zentralisierung“ und die Siedlungsentwicklung entlang sog. Entwicklungsachsen, mit dem Rückgrat höherwertiger Verkehrsverbindungen waren die Zielsetzung, um eine Zersiedelung des Umlandes größerer Städte zu verhindern.

Das rasante und zunehmend dynamische Wachstum der Mobilität bedingt einen deutlichen Zuwachs der zurückgelegten Distanzen, des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs (Material, Energieträger, Fläche), aber auch eine „Verinselung“ des Raums durch eine zunehmende Entflechtung von Flächennutzungen.

Im Zuge der Sanierungen der 1970er und 1980er Jahre und letztlich aufgrund des Protestes vieler urbaner Bürgerinitiativen sowie kritischer Publikationen (z.B. von Alexander Mitscherlich), änderten sich die Ziele der Stadtentwicklungsplanung schrittweise und überlagerten das „alte Denken“. Zunehmend wurde die Forderung nach funktionaler Nutzungsmischung, nach einer kompakt gebauten Stadt, nach einer „Stadt der kurzen Wege“. Dieser Umschwung bedeutete zugleich, das Konzept der Nachhaltigkeit zum Leitziel künftiger Stadtentwicklungs- und Verkehrsplanung zu machen. Das erfordert eine noch stärkere Harmonisierung der Zielsetzungen der Raumplanung mit jenen der nationalen Verkehrspolitik.

Die „Neue Leipzig-Charta“ wurde am 30.11.2020 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft von den zuständigen Ministerinnen und Ministern für Stadtentwicklung der EU-Mitgliedsstaaten und Partnerstaaten verabschiedet. Sie versteht sich als Weiterentwicklung der Leipzig-Charta von 2007. In der „Neuen Leipzig-Charta“ werden drei inhaltlichen Dimensionen europäischer Städte angesprochen (die gerechte Stadt, die grüne Stadt, die produktive Stadt) sowie drei räumlichen Ebenen adressiert (Quartiersebene, Kommunen und funktional zusammenhängende Räume). Hierfür werden fünf Prinzipien integrierter Stadtentwicklungspolitik definiert:

  1. Gemeinwohlorientierung – Kommunen sollen im Interesse aller handeln. Hier wird insbesondere auf gefährdete und benachteiligte Gesellschaftsgruppen bzw. jene, die in schrumpfenden und abgelegenen Städten leben hingewiesen.
  2. Integrierter Ansatz – gleichzeitige und gerecht abgewogene Berücksichtigung aller Belange und Interessen.
  3. Beteiligung und Koproduktion – eine öffentliche Beteiligung in Stadtentwicklungsprozessen sollte alle städtischen AkteurInnen einbeziehen.
  4. Mehrebenen-Ansatz – vertikale und horizontale Zusammenarbeit zwischen allen Ebenen und allen AkteurInnen.
  5. Ortsbezogener Ansatz – Orte sollen als Bezugspunkte für den integrierten Ansatz betrachtet werden. Fundierte Analyse der spezifischen Situation vor Ort ermöglicht eine städtische Transformation von innen heraus.

Die „Neue Charta von Athen“ wurde im Jahr 1998 vom Europäischen Rat der Stadtplaner ECTP publiziert. Sie wurde explizit als Gegenmodell zur historischen „Charta von Athen“ formuliert und ist an den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet, mit dem spezifischen Fokus, BürgerInnen in das Zentrum politischen Handelns bei der Stadtentwicklung zu stellen. Inhaltlich wird auf das Quartier als angemessene Ebene für einen zwischenmenschlichen Austausch verwiesen. Hierbei sollen die Möglichkeiten neuer Technologien genutzt werden, um eine verbesserte Kommunikation sowie innovative Formen der Bürgerbeteiligung zu ermöglichen.

Mit der Charta wird zudem die exzessive Entwicklung des Individualverkehrs angesprochen, dem mit dem Ausbau des ÖNPV gegengewirkt werden müsse. Funktional gemischte Quartiere seien die Voraussetzung, um kurze Wege zu ermöglichen. Wichtig sei es zudem, Grünflächen zu erhalten und auszubauen, um die Biodiversität zu wahren und Menschen mehr und qualitativ besseren öffentlichen Freiraum zu geben. Damit bestehen die Herausforderungen vor allem innerhalb der Stadterneuerung.

Mit der Forschungs- und Innovationsagenda „Zukunftsstadt“ wird das Ziel verfolgt, CO2-neutrale, energie- und ressourceneffiziente und klimaangepasste Städte für morgen zu konzipieren. Das Konzept zur Transformation deutscher Städte wurde von den Mitgliedern der Nationalen Plattform Zukunftsstadt (NPZ) unter der Koordination von vier deutschen Ministerien erarbeitet. Dazu wurden neun strategische Leitthemen als „Oberthemen“ entwickelt, zu denen umfangreiche weitere spezifische Unterthemen erarbeitet wurden.

Eine Zielsetzung ist, zukunftsfähige Mobilitäts- und Logistikkonzepte den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen – steuerungstechnisch, infrastrukturell und planerisch; Mobilität und Logistik sollten besser vernetzt und der Nutzenden und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt werden. Dazu sollen die Anforderungen der zukunftsfähigen Mobilitäts- und Logistikkonzepte im Gesamtstadtkontext erarbeiten und Vernetzung berücksichtigt werden.

Sustainable Urban Development Plan (SUMP)

Innerhalb der Europäischen Union wurden seit dem Jahr 2010 innerhalb von praxisorientierten Forschungsprojekten die Grundzüge einer nachhaltigen Verkehrs- und Mobilitätsplanung entwickelt (Sustainable Urban Development Plan – SUMP). Dazu wurde von der Kölner Firma Rupprecht Consult die sog. Richtlinien für die Entwicklung und Umsetzung eines nachhaltigen urbanen Mobilitätsplan entwickelt. Der Austausch zwischen Wissenschaft und Gebietskörperschaften wird auf der European Platform on Sustainable Urban Mobility Plans organisiert.

Sustainable Urban Mobility Planning

Bei näherer Betrachtung handelt es sich hierbei um die Beschreibung eines differenzierten, aber traditionellen Planungszyklus aus der Logik der 1990er Jahre. Die Überlegungen zur Partizipation der Stakeholder und der BürgerInnen soll strategisch geplant (1.4) werden, sie sollen mit den Szenarien künftiger Entwicklung konfrontiert (4.2) und mit der Verwaltung ein gemeinsames Szenario gewünschter Entwicklung erarbeiten (5.1). Mit den Stakeholdern soll schließlich eine lange Liste von Indikatoren entwickelt werden (7.1). Ziemlich zum Ende des Prozesses sollen die Stakeholder und BürgerInnen informiert und motiviert werden, sich an der Umsetzung aktiv zu beteiligen (11.2). Die Beteiligungsformate sind Workshops oder Labs, ohne aber auf Zielgruppen einzugehen.

Für einzelne Anwendungsfelder wird das Vorgehen im Rahmen des Planungszyklus spezifiziert. Auf der Homepage finden sich u.a. Überlegungen (in englischer Sprache) zu

  • Planung für eine resilientere und robustere urbane Mobilität,
  • Unterstützung und Finanzierung der nachhaltigen urbanen Mobilitäts-Erhebungen,
  • Nachhaltige urbane Mobilitätsplanung in kleineren Städten und Gemeinden,
  • Nachhaltige urbane Mobilitätsplanung in Metropolregionen,
  • Nachhaltige urbane Mobilitätsplanung in einer polyzentrischen Region,
  • Mobilität als Dienstleistung (MaaS) und nachhaltige urbane Mobilitätsplanung,
  • Integration von Sharing-Angeboten in nachhaltige urbane Mobilitätsplanung,
  • Adressieren der Gender-Gerechtigkeit und die Berücksichtigung vulnerabler Gruppen innerhalb von SUMPs.

Aktuell werden innerhalb der Architektur, dem Städtebau und der Stadtplanung Ideen der Stadtentwicklung verfolgt, bei denen die aktive Mobilität und die Mikro-Mobilität im Mittelpunkt steht. Die Vision der „15 Minuten-Stadt“ stammt von Carlos Moreno, Professor an der Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, und ist eine Konkretisierung des Konzepts der „kompakten Stadt“ und der „Stadt der kurzen Wege“. Nach diesem Konzept soll jedes Quartier sechs soziale Funktionen erfüllen: Leben, Arbeiten, Versorgen, Sorgen, Lernen und Genießen. Moreno beschreibt hierzu vier Grundprinzipien:

  1. Die Bedürfnisse müssen in der Nähe der Wohnung erfüllt werden können, damit lange Wege vermieden werden.
  2. Die Angebote müssen vielfältig sein, damit alle täglichen Bedürfnisse der Bevölkerung abgedeckt werden.
  3. Die Dichte der Quartiere muss hoch sein, damit die Angebote von genügend Menschen wahrgenommen werden.
  4. Das Konzept muss allgegenwärtig sein, das heißt, sich über eine gesamte Stadt erstrecken, damit die Fünfzehn-Minuten-Stadt für jedeN verfügbar und erschwinglich ist.

Die städtebauliche Idee des „Superblocks“ geht auf den spanischen Ingenieur Ildefons Cerdá und dessen Stadterweiterung im gerasterten Stadtteil Eixample im Barcelona des 19. Jahrhunderts zurück. Jede dieser Blöcke waren ursprünglich mit einem Grünanteil von über einem Drittel geplant – durch Spekulation und Wohnungsdruck sank dieser Wert aber letztlich auf magere 0,6%.

Drei mal drei Blöcke des Cerdá-Rasters (etwa 400 x 400 m) werden unter der neuen Idee zu einem autofreien Superblock zusammengefasst und intern mit aktiver Mobilität und mit Fahrzeugen der Micro-Mobilität erschlossen; die ehemaligen Verkehrsflächen werden den Menschen und weitgehend zurückgegeben und als „Grünraum“ entwickelt. Der nutzbare Grün- und Freiflächenanteil erreicht so wieder die ursprünglich geplanten 35%.

Die Stadt wird hierbei als Ökosystem mit dem der Superblock als kleinster Einheit betrachtet. Diese weist eine fußläufig erreichbare lokale Infrastruktur und einen für alle zugänglichen öffentlichen Raum für Kommunikation und Partizipation, Austausch, Kultur und Wissen, Spiel und Erholung auf. Bislang wurde die Idee in Barcelona in vier Superblocks umgesetzt; andere Städte wie New York, London und Wien wollen dieses Konzept ebenfalls umsetzen.

Auswirkungen der Corona-Pandemie

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona (Lockdown, Home-Schooling, Homeoffice, Meetings im digitalen Raum) haben einen starken Einfluss auf das Mobilitätsverhalten. Dieser Einfluss war in den einzelnen Wellen sehr unterschiedlich und ambivalent hinsichtlich der Ziele einer nachhaltigen Verkehrs- und Mobilitätsentwicklung: Während das zu Fuß gehen und Fahrrad fahren insbesondere in den Städten attraktiver geworden ist, wurde der ÖPNV zeitweise stark aufgrund des Ansteckungsrisikos gemieden. Der Flugverkehr wurde zeitweise auf nahezu null zurückgeführt, während das eigene Auto als „sicheres“ Fahrzeug deutlich an Attraktivität gewann.

Die Herausforderung für die Raum- und Verkehrsplanung besteht nun darin, die Verhaltensänderungen aufgrund der Pandemie in eine nachhaltigere Form der Mobilität zu überführen und zu stärken und die nicht-nachhaltigen Trends wieder umzukehren. Aus ersten Überlegungen hat eine Arbeitsgruppe aus Agora Verkehrswende, dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und dem Deutschen Institut für Urbanistik sieben Leitlinien vorgelegt. Die „Verkehrswende“ sind in drei Bereiche unterteilbar: Antriebswende, Verkehrswende und Mobilitätswende.

Raumplanung als Instrument der Raumentwicklung und ihrer Ziele

Die Raumplanung befasst sich dabei mit der Gestaltung des gegebenen, von Menschen in Anspruch genommenen und genutzten physischen Raumes, sowie mit der Analyse und Begleitung raumbezogener Entwicklungen. Vorgegebene, durch Planung geordnete Raumstrukturen bilden das Bezugssystem, in dem Menschen leben und handeln. Für die nächste Strategieperiode der Raumordnung und Raumplanung ist zu erwarten, dass der Klimawandel im Zentrum der Zielsetzungen steht. Das setzt eine Harmonisierung der Zielsetzungen der Raumplanung mit jenen der nationalen Verkehrspolitik voraus, wobei noch stärkere Maßnahmen für die Mobilitätswende vorgesehen werden müssen, um den Trend der Verkehrsentwicklung endlich umzukehren und eine ausgeglichene Nutzung des begrenzten Guts „Boden“ für unterschiedliche Grundfunktionen (Wohnen, Verkehr, Arbeit, Freizeit, Versorgung, Kultur, Produktion etc.) bestmöglich zu erreichen und gleichzeitig Umwelt und Natur zu schonen.

Weiters kann eine effiziente und nachhaltige Stadterneuerung zur verträglichen Nutzung von Boden beitragen und einen Konsens zwischen öffentlichen und privaten Interessen herstellen. Die Motive, Ziele und Inhalte der Stadterneuerung haben sich dabei im Laufe der Geschichte an die jeweils herrschenden gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen angepasst. Stadterneuerung als politisch-planerische Strategie ist von jeher eng verknüpft mit dem jeweils vorherrschenden Staats- und Planungsverständnis, das sowohl die Programmatik als auch die Verfahren und das Rollenverständnis geprägt hat. Die heutige Stadterneuerungspraxis steht sehr stark in der Tradition der erhaltenden, „behutsamen“ Stadterneuerung. Wirtschaftliches Wachstum, das Bild vom starken Staat und gefüllte Fördertöpfe waren wesentliche Voraussetzungen für die „Heilungslogik“ der Stadterneuerung, die an stagnierenden Standorten dem „Markt“ durch verbesserte Rahmenbindungen und finanzielle Anreize wieder auf die Sprünge helfen wollte, um innerhalb des Stadtsystems annähernd gleiche Wohn-, Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die Stadterneuerung kann auf allen Ebenen zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben auf ein ausgereiftes Repertoire zurückgreifen und mittels "Ressourcenbündelung" integrierte Handlungsansätze ermöglichen.[3]

Allerdings folgt die Raumentwicklung nicht nur einer gezielten Gestaltung der Raumstruktur, sondern auch politischen und gesellschaftlichen Trends. Das rasante und zunehmend dynamische Wachstum der Mobilität innerhalb der letzten hundert Jahre ermöglichte Reisen mit Geschwindigkeiten und einer Häufigkeit, welche noch vor drei Generationen undenkbar gewesen wären. Dies bedingt allerdings auch einen deutlichen Zuwachs der zurückgelegten Distanzen, des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs (Material, Energieträger, Fläche) aber auch eine „Verinselung“[4] des Raums durch eine zunehmende Entflechtung von Flächennutzungen. Lebensgrundfunktionen (z.B. Arbeiten, Wohnen, Freizeit) rückten räumlich immer weiter auseinander, wodurch ebenfalls immer mehr Verkehr erzeugt wurde[5]. Passende Ergebnisse sind auch aus der aktuellen Pendlerstatistik Österreichs und dem Resümee eines Berichts des ÖIEB zum Thema "Motivation und Zufriedenheit von Zuzüglern ins Wiener Umland" zu entnehmen.

Ein weiterer Trend, der die Raumentwicklung stark beeinflusst, ist der wachsende Anteil an Einpersonen-Haushalten und der Trend zu größeren Wohnflächen pro Person, besonders beflügelt durch den lange bestehenden österreichischen „Wohntraum“ vom eigenen Haus im Grünen. Dies alles führt zu einem enormen Flächenverbrauch für Wohnraum und dessen Erschließung bis in die entferntesten Gebiete, mit entsprechenden Belastungen für die Umwelt. Diese Entwicklung führt wiederum zu einer zunehmenden Ungleichheit in der individuellen Mobilität der Menschen, da vor allem im ländlichen Raum die Nahversorgung und öffentliche Verkehrsangebote durch die abnehmende Siedlungsdichte unrentabel und ausgedünnt werden. Die dortige Wohnbevölkerung sieht meist keine Alternative mehr zum Auto und wird auf diese Weise vom Zugang zum motorisierten Individualverkehr abhängig. Fällt diese Option dann aber einmal aus (z.B. durch Verlust des Führerscheins bzw. der Fähigkeit ein Auto zu lenken, oder durch unzureichende finanzielle Mittel), sind die Betroffenen in ihrer Mobilität extrem eingeschränkt und können nicht mehr oder nur sehr schwer am gesellschaftlichen Leben teilnehmen (vgl. dazu Ungleichheiten sowie die Egebnisse des Projekts ÉGALITÉplus[6][7].

Weiters wird vielerorts die Planung entlang von sogenannten Entwicklungsachsen angestrebt. Die Länder Niederösterreich (S.25) und Oberösterreich (S.90) beispielsweise erwähnen dies in ihren Raumordnungsprogrammen. Außerdem existiert mit dem Under Pressure: Developing Viennislava ein Studierendenprojekt des Instituts für Raumplanung an der TU Wien, welches die Entwicklungsachse zwischen Wien und Bratislava untersucht. Auch der Endbericht des Projekts EnergieRaumPlanung für Smart City Quartiere und Smart City Regionen (ERP_SCQ_SCR) gibt Auskunft über Steuerungsansätze mit Energierelevanz in österreichischen Stadtregionen und daraus entwickelte Handlungsempfehlungen für die Energieraumplanung in Stadtregionen.

Zur spezifischen Situation der Raumordnung in Österreich, bezüglich der Rechte der BügermeisterInnen (agieren bei der Abwicklung von baurechtlichen Verfahren als Baubehörde 1. Instanz) und der Konkurrenz der Gemeinden untereinander, gibt eine Publikation der ÖROK Auskunft.[8]

Quellen